Vier Ganze und zwei Halbe
Bildraum 07 - Exhibition text (german version)
In Vier Ganze und zwei Halbe vermengt der Künstler Jürgen Bauer formale Strenge mit künstlerischem Witz, um ein wandelbares Abbild der Neugier in vielerlei Hinsicht zu erstellen. Vor dem Hintergrund bestehender Klischees über das Haus variiert der Künstler im Bildraum 07 dessen assoziationsreiche Form. Er verschiebt und ordnet bestehende Elemente, so dass formale Bedingungen in neuen geometrischen Formen definiert werden. Jeder Aspekt ist dabei sorgfältig orchestriert und unterliegt einem strengen Organisationsprozess.
Das Haus als repetitiver Aufriss, akribisch auf Leinwand und Papier gebracht, wird ergänzt durch eine meterlange Raumintervention „House Object (1W-1B)“, die ihren spitzen Dachgiebel vor die Ausstellungswände schiebt. Man späht um die Häuserecken und entdeckt, dass man auf sich selbst zurückgeworfen ist. Auf den Faltenwürfen des Spiegelvorhanges projiziert unsere Vorstellungskraft in die Vergangenheit und bringt Bilder von Orten und Ereignissen hervor, die auf diese Weise nicht mehr existieren. Anhand dieser Spiegelungen und fluiden Verzerrungen stellt Jürgen Bauer zugleich unser Verständnis abstrakter Konzepte wie der Natur von Raum und Zeit, sowie über tief verwurzelte soziale Konventionen in Frage, die das Fundament unserer Wahrnehmung der Realität bilden. Das Haus als Keimzelle, Sinnbild für Abstammung, Familie und Schutz, in Schwebe versetzt, scheint bei Bauer allen Ballast abzustoßen.
Was bleibt ist die klare Form in monochromer Farbausführung. Die Leinwand- und Papierarbeiten bestechen durch ihre absolute Nüchternheit, während ebenso Bauers „House Object (1W-1B)“ – als ortspezifische Intervention, die später wieder abgetragen und zerstückelt wird – die Konnotationen von „Zuhause“ mit dem Vertrauten, Tröstlichen und Sicheren hinterfragt. Wie ein Spiegelkabinett, das Konkretes mit der Lust der Inszenierung und Imagination vermengt, weigert sich die Ausstellung, zwischen Fakt und Illusion zu wählen. Gleich Christopher Nolans Inception, falten sich Ebene für Ebene, entlang gekippter oder auf den Kopf gestellter Häuser, neue Dimensionen auf, die das Unbewusste berühren und dazu animieren, die Umwelt sowie uns selbst aus neuen Blickwinkeln zu betrachten. (Esther Mlenek)
Vier Ganze und zwei Halbe
Exhibition Text – Bildraum 07 Vienna (English Version)
In Vier Ganze und zwei Halbe, the artist Jürgen Bauer mixes formal rigor with artistic wit to create a changeable image of curiosity in many respects. Against the backdrop of existing clichés about the house, the artist varies its associative form. He shifts and rearranges existing elements so that formal conditions are defined in new geometric forms. Every aspect is carefully orchestrated and subject to a strict organizational process.
The house as a repetitive outline, meticulously rendered on canvas and paper, is complemented by a meter-long spatial intervention „House Object (1W-1B)“, which pushes its pointed roof gable in front of the exhibition walls. You peer around the corners of the house and discover that you are thrown back on yourself. On the folds of the mirror curtain, our imagination projects into the past and produces images of places and events that no longer exist in this way. Using these reflections and fluid distortions, Jürgen Bauer simultaneously questions our understanding of abstract concepts such as the nature of space and time, as well as deeply rooted social conventions that form the foundation of our perception of reality. The house as a nucleus, a symbol of ancestry, family and protection, suspended in the air, seems to shed all ballast in Bauer’s work.
What remains is the clear form in monochrome colors. The canvas and paper works captivate with their absolute sobriety, while Bauer’s „House Object (1W-1B)“ – as a site-specific intervention that is later removed and dismembered – also questions the connotations of „home“ with the familiar, comforting and safe. Like a hall of mirrors that mixes the concrete with the pleasure of staging and imagination, the exhibition refuses to choose between fact and illusion. Like Christopher Nolan’s Inception, new dimensions unfold level by level, along tilted or upside-down houses, touching the unconscious and encouraging us to look at our environment and ourselves from new angles. (Esther Mlenek)