Grid – Visualisierte Ordnung

„The Grid. A digital frontier. I tried to picture clusters of information as they moved through the computer. What did they look like? Ships? motorcycles? Where the circuits like freeways? I kept dreaming of a world I thought i would never see. And then, one day …”
Kevin Flynn

Im Science-Fiction-Klassiker „TRON“ von 1982 heißt die digitale Welt, in die der Hauptcharakter Flynn eindringt, „The Grid“. Sie ist ein Versuch, den Code eines Programms als virtuellen Raum darzustellen – einen Cyberspace zu konstruieren. Ein Universum, in dem urbane Strukturen und der unendliche Raum fusionieren und jedes erdenkliche Objekt allein aus dem digitalen Code erstehen kann. Ein virtueller Raum, der sehr grafisch erscheint, nach strengen Regeln strukturiert.

Die visuelle Konstruktion ähnelt den dreidimensionalen Rastersystemen, die der Schweizer Grafikdesigner Josef Müller-Brockmann (1914-1996) in seinem Buch „Grid systems“ (1961) entwickelt hat. Rastertypen für das Gestalten von Räumen. Normen also, die Kontinuität und Kalkulierbarkeit gewährleisten, die dafür Sorge tragen, dass die gleichen Regeln immer wieder wirksam werden können.

Raster finden  in der Stadtplanung Verwendung, um urbane Strukturen geordnet und damit kalkulierbar wachsen zu lassen. In New York war der 1811 beschlossene „ Commissioners plan“ dafür verantwortlich, dass sich die Stadt  nördlich der Houston Street fortan in der berühmten Struktur mit den rechtwinklig zueinander stehenden Straßen, ausbreitete.

Mit seiner Serie „Grid” nähert sich Jürgen Bauer den Fragen von Ordnungs- und Organisationsprinzipien, die sich sinnbildlich auf Gesellschaftssysteme und sozialpolitische Ebenen übertragen lassen, über formale Arbeiten. In ihrem farblich reduzierten Spektrum mit dominanten Schwarz-Weiß-Kontrasten, wirken die Arbeiten auf Papier wie herangezoomte Ausschnitte aus einem Straßenraster. Muster unserer heutigen „Organisationsgesellschaft“ (Uwe Schimank), die dem Individuum in ihrer Überregulierung wenig Freiraum zugesteht.
Anne Katrin Feßler